Direkt zum Inhalt

König Baudouin-Stiftung stellt Meisterwerk des jungen Van Dyck als permanente Leihgabe zur Verfügung

Von Anthony van Dyck, Rubens’ begabtestem Schüler, zeigt das Rubenshaus ein frühes Spitzenwerk. Die König Baudouin-Stiftung stellt dem Rubenshaus den „Kopf des Apostels Matthäus” als permanente Leihgabe zur Verfügung. Es ist das einzige Werk der bekannten Böhlerserie, das in einer öffentlichen belgischen Sammlung besichtig werden kann.

Kraft und Kontemplation 

Dank der König Baudouin-Stiftung ist das Rubenshaus jetzt in der Lage, seinen Besuchern auch ein frühes Meisterwerk von Anthony van Dyck zu präsentieren. Der Künstler stellt den Apostel Matthäus als starken und gleichzeitig andächtigen Mann dar. Das Gemälde ist Bestandteil einer Apostelserie. Die König Baudouin-Stiftung konnte dank eines Vermächtnisses vor kurzem den heiligen Matthäus aus dieser Serie erwerben. Es handelt sich dabei um den einzigen Apostel von Van Dyck, der in Belgien erhalten blieb. Die Stiftung finanzierte die Restaurierung dieses herrlichen Apostelkopfes im Königlichen Institut für Kunstbesitz (KIK) in Brüssel und stellt das Gemälde nun dem Rubenshaus als permanente Leihgabe zur Verfügung. Diese Vorgehensweise passt vollständig zu der Mission der Stiftung, um bedeutungsvolle Werke unseres kulturellen Erbes zu erhalten, zu schützen, aufzuwerten und öffentlich zugänglich zu machen.

 

Fließende Pinselführung

Van Dyck zeigt den Apostel Matthäus mit einer Hellebarde in der Hand. Durch diese Waffe starb der Apostel den Märtyrertod. Van Dyck modellierte die Figur mit fließenden Pinselstrichen, sodass eine gleichmäßige Farboberfläche entstand, auf der nur mancherorts ein deutlicher Farbtupfer wahrnehmbar ist, genauer gesagt in den Haaren und auf dem Mantel. Danach brachte er mit breiten und besonders pastösen Pinselstrichen die Höhungen an: Dieses Impasto ist gut auf der Hand und dem Gesicht des Apostels zu erkennen. Am auffälligsten sind jedoch die fetten Streifen weißer Farbe auf Matthäus’ weißem Hemd und entlang seiner Hellbarde.

 

Inspiriert von Rubens

Der junge Van Dyck ließ sich bei seiner Apostelserie wahrscheinlich direkt von Rubens inspirieren, der um 1610 eine Apostelserie für den Herzog von Lerma gemalt hatte. Der junge Van Dyck muss im Atelier seines Mentor Rubens dessen Bilder gesehen und als Vorbild benutzt haben. Es wird angenommen, dass Van Dyck seine Apostelserie, zu der auch ein Bild mit Christus gehörte, zwischen 1618 und 1620 gemalt hat. Der Stil schließt an seine Werke aus der sogenannten ersten Antwerpener Periode an.

 

Böhlerserie

Der Apostel Matthäus der König Baudouin-Stiftung gehört zu der sogenannten „Böhlerserie”, die ihren Namen dem deutschen Kunsthändler Julius Böhler verdankt, der die Serie um 1924 aus einer italienischen Privatsammlung erwarb. Böhler verkaufte die Serie an verschiedene Privatsammler und Museen. Dieses Gemälde ist das einzige Exemplar eines Van Dyck-Apostels in Belgien. Heute sind noch 8 der 13 Bilder der Serie erhalten. Einige davon befinden sich in Privatbesitz.

 

Siebte permanente Leihgabe der König Baudouin-Stiftung

Die König Baudouin-Stiftung bereichert mit dieser permanenten Leihgabe nun schon zum siebten Mal die Sammlung des Rubenshauses. Die Stiftung stellte dem Rubenshaus früher bereits u. a. das silberne Zierservice von Theodoor Rogiers, den Herkules von Lucas Faydherbe, das De Ganay-Manuskript nach Peter Paul Rubens und zwei Gemälde von Jacob Jordaens als permanente Leihgabe zur Verfügung. Die König Baudouin-Stiftung unterstreicht damit ihre Mission „Kulturerbe zu schützen und zugänglich zu machen”. Der Schutz des Porträts von Van Dyck hat zwei Aspekte. Die Stiftung erwarb nicht nur das Gemälde, sondern finanzierte auch die Analyse und die dringend notwendige Restaurierung im Königlichen Institut für Kunstbesitz in Brüssel. 

 

Revolutionäre Konservierung  

Das Gemälde wurde im KIK zuerst gereinigt: Die vergilbte Firnisschicht und die Übermalungen wurden entfernt. Die Risse wurden genäht und die Lücken in der Farbschicht aufgefüllt. Technische Untersuchungen haben belegt, was auch mit bloßem Auge zu erkennen ist: Der vertikale Streifen links wurde nicht von Van Dyck gemalt. Nicht nur dieses Werk, sondern alle Gemälde aus der Böhlerserie wurden irgendwann einmal vergrößert. Als größtes Problem erwies sich bei diesem Gemälde jedoch der hölzerne Träger, der von Holzwurm befallen war. Die alte Parkettage musste entfernt und durch ein neues System ersetzt werden. Die hauchdünne Tafel wurde zu diesem Zweck auf eine revolutionäre Weise, die als secondary flexibly attached support bezeichnet wird, behandelt. Die Grundlage dieser Technik bildet eine mathematische Formel, die es ermöglicht, dass die Holztafel exakt die notwendige Unterstützung erhält, ohne dadurch bei ihren natürlichen Bewegungen wie Ausdehnung und Zusammenziehen eingeschränkt zu werden. Bei der Parkettage auf der Rückseite handelt es sich jetzt um eine bewegliche hölzerne Lattenkonstruktion, die wie ein flexibler Rücken fungiert und der Tafel mehr Bewegungsfreiheit verleiht. Die Konstruktion wurde aus Sitka Spruce, einer Holzsorte mit einer hohen Elastizität, angefertigt, die auch in der Luftfahrt verwendet wird. Die Restauratorin Aline Genbrugge hat diese Technik von deren Entwicklern Simon Bobak und Ray Marchant in London gelernt. Es ist das erste Mal, dass diese Methode in Belgien angewandt wird.